20.4. – 30.4.13
Eine besserer Zusammenfassung für Italien gibt es glaube ich nicht. Der Verkehr ist auf jeden Fall eine Geschichte für sich.
Die meisten Italiener sind sehr gute Auto-, Töff- oder Vespafahrer, die wirklich sehr aufmerksam nicht nur auf ihre eigene Spur achten, sondern auch schauen, was die anderen vorne, hinten, links und rechts so machen. Nur so klappt es, das zum Teil unglaubliche Chaos ohne grössere Schäden zu überstehen. Eine klassische Szene präsentiert sich so: wir haben eine normale 2-spurige Strasse in einem kleinen Städtchen. Links und rechts sind selbstverständlich Autos Lieferwagen parkiert, manche auch in der Zweiten Reihe. Dazwischen quält sich der Verkehr je nachdem ob jemand was sucht oder nicht eher langsam oder flüssig. Dazwischen turnen dann unendlich viele Vespafahrer, die die Autos von links und rechts überholen. Dazwischen Fussgänger, die ohne zu schauen einfach über die Strasse hüpfen.
Überland haben eindeutig Motorräder Vorfahrt. Sieht ein Autofahrer ein Motorrad von hinten, dann hüpfen sie meist mit einem kleinen Schlenker nach rechts, so dass man überholen kann ohne die durchgezogene Linie zu überqueren. Ein super Deal für uns. Aber das funktioniert auch mit Autos, die oft noch schneller fahren als wir und mit oftmals über 100kmh durch 50er Zonen brettern.
Lustig war unser Erlebnis auf einer wunderschönen mit Zypressen bestandenen Landstrasse: wir fuhren so gemütlich vor uns hin, es war eine 70er Zone mit durchgezogener Linie die ganze Strasse entlang. 2 Autos weiter vorne ein Polizeiauto. Auf einmal verlangsamte sich der Verkehr, weil irgend ein alter Cinquecento mit 40kmh dahinschlich. Die Carabinieri haben cool überholt – Peter grad mal hinterher – und sind dann mit über 110kmh davongebraust, wir haben uns mit 90kmh begnügt. Uns ist es ein paar mal passiert, dass selbst Carabinieri uns freundlich Platz gemacht haben, damit wir an ihnen vorbei brettern können. Die Polizei dein Freund und Helfer!
Auf diese Weise werden selbst Stadt-Durchfahrten zu einem angenehmen Erlebnis.
Höchste Aufmerksamkeit ist allerdings nicht nur im täglichen Stadtverkehr angebracht, sondern vor allem im Süden auch auf den kleineren Strassen, die so voll Löchern und Dellen sind, dass es manchmal schon schwer ist, überhaupt noch ein Stück ganze Strasse zu finden. Wir haben immer wieder wunderbare Ecken und Landschaften entdeckt, die aber leider die Hölle zum fahren waren. Auch die vielen Dead-Ends – meist durch Erdrutsche verursacht – sind ärgerlich, da man nie sicher ist, ob die Strasse nun wirklich gesperrt ist oder einfach noch schlechter als üblich.
Von der Landschaft her hat uns Kalabrien sehr beeindruckt, wunderbare Küsten und ein sehr schönes und unberührtes Hinterland, es lohnt eine Reise dorthin.
Von den Städten her hat uns Neapel sehr gefallen. Duli unsere private Führerin hat uns mit ein paar speziellen Ecken und Menschen von Neapel bekannt gemacht. Beeindruckt hat uns Lello, ein einheimischer Künstler, der sich auf die Umsetzung der 4 Wahrzeichen von Neapel spezialisiert hat: dem Narr Pulcinella (der ständig was zu Essen sucht), das Ei (solange das heil ist, wird Neapel weiterbestehen), das Glücks-Horn (wenn man eines geschenkt bekommt, hat man Glück) und San Gennario, der Stadtheilige. Er malt und macht Skulpturen (in Bronze) und kombiniert die Wahrzeichen in immer neuen Varianten. Als Autodidakt hat er eine frische, sehr eigene Art der Darstellung gefunden. Lello ist extrem sympathisch und hat sein Atelier in den ehemaligen Ställen eines alten Stadtpalazzos. Wirklich toll.
Ein anderes herziges Erlebnis hatten wir in einem kleinen Restaurant am Wegrand in den Hügeln Kalabriens, als wir was kleines zu Mittag gegessen haben. Auf einmal kam ein hiesiger Bauer mit seinem 3-Rad Minilieferwagen – ein Piaggo – angefahren; hinten auf der Ladebrücke ein paar Plastiktüten, die er dem Restaurant lieferte. Die Serviererin kam dann raus und hat uns Fave gebracht, grosse grüne Bohnen, innen ganz pelzig, die einzelne grüne Bohnen beinhalten, die wiederum geschält werden, um dann an die kleinen Böhnchen zu gelangen, die zuckersüss sind. Später dann haben wir in einem Restaurant mal Favemuss gegessen, das war ganz prima. Und dank dem Erlebnis in dem kleinen Restaurant haben wir es überhaupt ausprobiert!