Die besten oder die richtigen Reifen auf unseren Expeditionsmobilen sind ein ewiges Lagerfeuergespräch. Dieser Post möchte einen möglichst objektiven Diskussionsbeitrag zu diesem häufig sehr emotional diskutierten Thema bieten.
Ausgangslage
In unserer Community, den Expeditionsmobilfahrern, kommt immer mal wieder die Diskussion auf, welches die richtigen Reifen sind. Ich befasse mich in diesem Post ausschliesslich mit LKW-Reifen. Viele haben dazu eine gefestigte Meinung, die jedoch im besten Fall auf persönlichen Erfahrungen basiert und somit per se subjektiv und von vielen Zufällen abhängig ist. Ich zähle mich selbst auch klar zu dieser Gruppe. Sicher gibt es nicht den besten Reifen, sondern lediglich den adäquaten Reifen für den entsprechenden Einsatz.
Wenn ich versuche objektiv darüber zu recherchieren, müsste ich mindestens Tests über die verschieden Reifen finden. Tests von LKW-Reifen sind jedoch nicht so häufig zu finden wie von PKW-Reifen, weil sie viel teurer sind und ein viel kleineres Zielpublikum ansprechen würden. Tests über Expeditionsreifen für LKWs sind überhaupt nicht öffentlich zugänglich. Solche Tests werden von den Reifenhersteller selbst durchgeführt; die dürfen sich jedoch nicht öffentlich über ihre Konkurrenten äussern. Und die Tests, die von den verschiedenen Einkaufsorganisationen der Militärs der Länder durchgeführt werden, werden nicht veröffentlicht.
Um an möglichst direkte Informationen zu kommen, kontaktierte ich die Hersteller von Reifen für Expeditionsmobile Pirelli, Continental, Michelin und die Militärorganisationen, Armasuisse und das Bundesamt für Ausrüstung. Antwort habe ich vom Bundesamt für Ausrüstung und von Michelin erhalten, alle andern fanden auch nach mehreren Nachfragen keine Zeit, um zu antworten.
Burkhard Koch hat Anfang 2018 ebenfalls zu diesem Thema einen Post verfasst. Er hat sich eingehend mit dem Aufbau, den Grössen, Belastungen und Bezeichnungen befasst. Ich lasse diesen Teil hier bewusst weg, weil er das gut beschrieben hat und verweise alle diesbezüglich Interessierten an seinen Post.
Reifendimension
Karl Maurer von Toni Maurer GmbH & Co KG hat mir den folgenden Input zugestellt, den ich mehr oder weniger 1:1 übernehme, da er einer der grossen Spezialisten in diesem Bereich ist.
- Der 385/65R22,5 ist sicher einer der meistgebauten Reifen auf der Welt. Er wird viel auf LKW-Vorderachsen, aber hauptsächlich auf Sattelaufliegern verwendet. Die normale Tragfähigkeit beträgt 9’000 kg pro Achse. Er weist eine hohe Kilometerlaufleistung auf. Der empfohlene Luftdruck je nach Achslast beträgt 6-9 bar. Der statische Halbmesser von der Straße bis Mitte Achse beträgt circa 500 mm. Er ist als reines Straßenprofil und M+S (bedingt geländetauglich) zu erhalten. Der Vorteil ist sicher die Verfügbarkeit rund um den Globus und der Nachteil sicher die problematischere Reifenmontage und die nicht so robuste Karkasse.
- Der 365/80R20 hat eine robuste Karkasse und eignet sich für Fahrten mit abgesenktem Luftdruck im Sand und auf Pisten. Er ist jedoch nur für Fahrzeuge mit geringeren Achslasten bis 7’100 kg geeignet. Die Verfügbarkeit um den Globus ist schlecht.
- Der 14.00R20 ist sicher der meistverwendete Militärreifen auf der Welt. Die Achslast beträgt bis 10’000 kg pro Achse. Es sind nur wenige Profiltypen erhältlich. Der Reifen überzeugt mit einer stabilen Karkasse und einem statischen Halbmesser von 578 mm, damit ist Bodenfreiheit circa 78 mm höher als beim 385/65R22,5. Der Reifen verfügt über eine hohe Geländetauglichkeit, aber auch eine geringere Laufleistung und einen hohen Preis. Er ist sicher für große Fahrzeuge der beste Kompromiss.
- Der 395/85R20 ist etwas kleiner als der 14.00R20. Die Tragfähigkeit bis 11’200 kg pro Achse ist sehr angenehm, wird aber nicht benötigt. Für Karl Maurer macht der Typ keinen Sinn, weil er die Nachteile des 14.00R20 (nur grobes Profil) mit einem kleineren Durchmesser (weniger Geländetauglichkeit) vereint. Es gibt einen Hersteller der diesen Typ als M+S anbietet.
- Der 16.00R20 ist eigentlich nur bei sehr kompakten 2-Achsern möglich, da die Reifengröße den Lenkeinschlag reduziert und der Wendekreis meist über den gesetzlich zulässigen Werten liegt. Der Vorteil ist sicher die extreme Geländetauglichkeit und die Optik, der Nachteil die sehr schlechte Verfügbarkeit und die Empfindlichkeit bei hoher Fahrgeschwindigkeit.
Qualitätsmerkmale
Auf folgende Merkmale sollten wir beim Reifenentscheid achten:
- die Griffigkeit auf dem Untergrund, den wir befahren möchten
- die Notlaufleistung, wie lange ein Reifen hält, wenn er ohne Luftdruck gefahren wird
- die Stärke der Karkasse, beim Abrollen z.T. auf den Flanken des Reifens mit abgesenktem Luftdruck
- der Weiterreisswiderstand
- die Abriebfestigkeit bei verschiedenem Untergrund, respektive die Laufleistung
- die Ozonbeständigkeit
- die Reparaturmöglichkeit
- die Unterrostung, wie schnell rostet die Stahleinlage eines Reifens nach einem Reifenschaden
- die Wirtschaftlichkeit
Leider kann uns kein Reifenhändler diese Merkmale vergleichen.
Testvergleiche
Die einzige Testinformation, die mir das Bundesamt für Ausrüstung geben durfte ist die, dass bei Reifen verschiedener Hersteller unter ansonsten gleichen Voraussetzungen die erreichte Notlaufleistung bis zum Vierfachen variieren kann. Andererseits sagt Michelin aus, dass Ihre Reifen eine sehr robuste Karkasse haben und bei einer Beschädigung, wie bei einem Loch im Reifen, lange halten. Ein Kollege erlebte in Namibia die «Explosion» zwei seiner Continental HCS innerhalb von zwei Tagen. Vermutlich hat er sich ein Loch gefahren und konnte trotz Reifendrucküberwachungsanlage nicht schnell genug reagieren, so dass die Reifenteile der Hinterachse bis zu seinem Rückspiegel geflogen sind. Wenn ich diese drei Informationen kombiniere, komme ich zu der Aussage, dass die Notlaufleistung von Michelin XZL viermal höher ist als die von Continental HCS.
Ein anderer Kollege fährt ein vergleichbares Gefährt wie unser Globi. Er fährt Continental HCS und wir Michelin XZL. Er fährt vermutlich etwas mehr Asphalt wie wir. Seine Kilometerleistung liegt bei 80’000 unsere bei 40’000. Das würde bedeuten, dass die Kilometerleistung von Continental HCS doppelt so gross ist wie die von Michelin XZL.
Wir haben auf unseren Reisen mehrmals, meist M20-Schrauben, an der dritten Achse eingefahren und mussten die Reifen reparieren. Die Reparatur war nach verschieden Methoden immer einfach und hat gehalten bis an das Lebensende der Reifen.
In Vulkangesteinen haben wir die Flanken der Reifen beschädigt, hatten aber nie einen Schaden. Auf weichem Untergrund fahren wir häufig mit abgesenktem Luftdruck und entsprechend auch auf den Flanken. Bis heute hatten wir dadurch noch nie einen Schaden.
Schlussfolgerung
Leider kann ich nach meinen Recherchen immer noch nicht sagen, welches der ultimativ beste Reifen für Expeditionsfahrzeuge ist. Ein Grundsatz ist für mich jedoch wichtig: auf ein Offroad-Fahrzeug gehören Offroad-Reifen, das Gesamtsystem Fahrzeug ist nur so gut wie sein schwächstes Glied. Wenn jemand aus finanziellen Gründen auf sein Offroad-Fahrzeug günstige Baustellenreifen montiert, wäre es günstiger, wenn er die teure Offroad-Technik einsparen würde. Kollegen haben mir auch erzählt, dass sie keine Offroad-Reifen mehr montieren, weil sie zu 90% Asphalt fahren würden. Das ist statistisch gesehen ein kluger Entscheid. Es ist einfach blöd, wenn dann die ultimativen Standplätze und Pisten in den letzten 10% liegen. Es gibt auch die Kollegen, die 16er-Reifen montieren, weil es einfach besser aussieht. Auch das hat seine Berechtigung, solange man das nicht mit anderen Fakten begründen will.
Der gewählte Reifen muss zum Fahrzeug, zum Einsatzgebiet und zum Fahrer passen, dann ist es der Richtige.
Informationsquellen
- Karl Maurer, Toni Maurer GmbH & Co. KG
- Eine Sprecherin des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr
- Holger Kirmse, Michelin
Irgendwie kommen mir die Reifen auf dem Bild mit den zwei 16er XZL bekannt vor 😉
da könntest du absolut recht haben 😉
Hallo Peter u. Gabi
InteresseanterBericht über die Reifen.
Wir haben auf Fatu Hiva die gleichen wie Ihr, auch mit Badlockfelge. Größe 395 er. Hat mir Dirk Wiese Petershagen empfohlen und als Erstbereifung sofort mitgeliefert. Bin rech zufrieden damit. Grüße aus Erftstadt die Magers und Fatu Hiva
Ich habe keine Off-Road Erfahrung aber 1,8 Millionen Km auf Asphalt . MAN 463 F 2000 . Mein Erfahrung über die Laufzeit auf der Strasse ist: Ein Reifen verzeiht keine Fehler, er speichert sie. Für Vorderreifen ist das Beste gerade gut genug. Ein Reifen der Vorderachse mit beschädigter Karkasse unter dem Gummi ohne die Beschädigung zu merken ist wie der Ritt auf einer Kanonenkugel. Das Fahrzeug wird vollkommen unlenkbar.
Regel 1 fahre niemals über hohe scharfkantige Bordsteinkanten zb.: beim rangieren. Der Reifen speichert ,Du merkst nichts. Du machst es wieder weil Du denkst,
hält er aus macht doch nix .Deine Fahrweise verändert sich weil Du sicher bist,macht doch nix. Asphalt ist heiß, dein ungeliebter misshandelter Reifen
( macht doch nix )hat etwas zu wenig Luftdruck und wird warm und dann heiß , Du merkst nichts. Du fährt unbedarft und ohne Ahnung mit der maximalen Geschwindigkeit die Dein Fahrzeug zulässt. Der Reifen ist jetzt so weit und wartet auf seinen grössten Auftritt. Vor Dir unvorhersehbares Stauende. 44 ton warten jetzt auf Deinen alles entscheidenden rechten Fuß. Du leitest den Not brems-Vorgang ein. Dein Unterbewusstsein weis genau was zu tun ist. Grade halten und bremsen. Genau wie Du es (Auf Schnee,Regen,Asphalt) gelernt hast. Die Bremsen greifen satt und der voll beladende Auflieger versucht permanent die Zugmaschine zu überholen.Doch Du hältst den Zug gerade. Und dann…Dein von Dir selbst präparierter rechter Vorderreifen( Randstein) kann dieser Belastung nicht standhalten und verabschiedet sich mit einer lauten Explosion.Sofort beginnt die Zugmaschine mit einem Schlag nach rechts zu ziehen und der Sattel beginnt zu überholen.Die Zugmaschine klappt ein und Du siehst den Brückenpfeiler der jetzt von hinten auf Dich zukommt nicht, aber dafür das Ende des Aufliegers.
Keine Märchen sondern der Bericht des mir gut bekannten Betroffenen(hat überlebt ! Köschinger Forst in den 70 er Jahren ). Ich sehe auf den Bildern die gut beanspruchten Reifen im Gelände. Ich staune über die Qualität der Reifen und deren Haltbarkeit.
PS.: Eure Bilder und Videos sind ein Maßstab den ich nicht erreichen kann. Die sind ehrlich und super gemacht.
Ich wollte das einfach mal loswerden. Mein bester Reifen auf der Vorderachse war ein Pirelli P1 mit einer Laufleistung von 360 000 km. Wurde aus Sicherheitsgründen und diverser Auswaschungen gewechselt. (Profil war noch ok )
Es dauert bei der oben genannten Havarie ca.: 5 Sekunden ein trockenes Hemd so nass zu schwitzen das Du es auswinden kannst,
Danke
Nach „Erfahrung“ empfehle ich nur ungebrauchte Reifen mit einem frischen Herstellungsdatum zu verwenden, bei den 14R20 und 16R20 Dimensionen sind viele „gut“ gelagerte Reifen erhältlich. Die Preisunterschiede sind verlockend. Für „Beadlocks“, „Reifenkontroll- und Füllanlagen“ ist Karl Maurer d i e Adresse PUNKT